Dienstag, 7. März 2017

Angekommen?

Seit Jahren habe ich diesen in unregelmäßigen Abständen wiederkehrenden Albtraum:
Ich muss mein Abitur noch einmal machen ... mit dem Kenntnisstand von jetzt!

Ich bin auch so alt wie jeweils jetzt.
Ich haste durch die Gänge meiner alten Schule, die im Traum nicht immer so aussieht wie in der Realität.
Ich werde angestarrt, da ich deutlich älter bin als alle anderen Abiturienten und niemand mich kennt. Nur die Lehrer sind die alten.
Ich suche den Prüfungsraum, während ich gleichzeitig verzweifelt in meinem Hirn nach Restwissen zu Biologie Leistungskurs und Geschichtsdaten der französichen Revolution krame.
Ich weiß bereits im Traum, dass ich träume, kann mich aber nicht befreien von der Panik, dass ich die Prüfungen machen muss, wenn ich nicht vorher aufwache ...

Wenn ich dann tatsächlich aufwache und feststelle, dass alles im grünen Bereich ist, dass ich mein Abi in der Tasche habe und dass mich in absehbarer Zeit niemand fragen wird, was der Unterschied zwischen Mitose und Meiose ist oder in welchem Jahr Maximilien Marie Isidore de Robespierre hingerichtet wurde, überfällt mich eine schlagartige und kaum in Worte zu fassende Erleichterung.


Kürzlich nun hatte ich wieder diesen Traum. Der Ablauf war der der gleiche wie immer. Bis zu dem Zeitpunkt, wo ich tatsächlich im Prüfungsraum saß und die Arbeitsunterlagen verteilt wurden. Bis hierher hatte ich noch nie geträumt.
Ich wartete mit einer Art fatalistischer Gemütsruhe auf die Freigabe zum Prüfungsbeginn, ich konnte es ja nun sowieso nicht mehr ändern.
Doch gerade, als ich mit dem Lesen der Aufgabenstellung beginnen wollte, kam eine Aufsichtsperson zu mir und flüsterte mir - mit beruhigend auf meine Schulter gelegter Hand - ins Ohr, dass man meine Unterlagen von damals gefunden habe und dass alles in Ordnung sei. Ich habe das Abitur bereits bestanden, müsse es also demnach nicht noch einmal machen und könne gehen ...

Dieses Mal verspürte ich diese tiefgehende Erleichterung bereits im Traum und schlief unbehelligt weiter bis zum Klingeln des Weckers.

Bin ich also nun angekommen in dem, was ich tue? War ich in meinem Berufsleben ständig Situationen ausgesetzt, die unterbewusst einen der Abitur-Situation vergleichbaren Stress verursacht haben? Hatte ich immer das Gefühl, mich beweisen zu müssen, obwohl ich das auf bewusster Ebene nur äußerst selten empfunden habe?

Ich bin keine Spezialistin in Traumdeuterei, aber rückblickend scheint mir das fast schon offensichtlich.

Vielleicht träume ich dann demnächst irgendwann, dass ich Küchemagd bin und die oberste Küchenaufseherin mir im Namen Ihrer Majestäten das Essen um die Ohren haut, weil es den Herrschaften nicht geschmeckt hat, nur um gleich darauf das Traumbild zu wechseln zu einer Situation, wo ich in Wäschbergen versinke, die ich alle von Hand im eisigen Bach waschen muss, gefolgt von der nächsten Szene, in der ich anstelle eines Pferdes die Kutsche ziehe, um die verwöhnten Prinzchen zu ihrem nächsten Turnier ...

Lassen wir das. Bis dahin kann ich es einfach genießen.


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